die vollständige Geschichte von
Radio Swan - Radio Americas - Swan Island
Radio Swan – Cuba, Castro, CIA
Der Geheimsender der keiner war!
Während des alljährlichen „Free Radio-Treffens“ in Hochdahl hielt Chet Reuter einen Beitrag zu Radio Swan. Er hatte diese Station in den 60er Jahren selbst gehört und seinerzeit die Meldungen über den geheimnisumwitterten Sender in der amerikanischen Presse verfolgt. Mein Interesse an Kurzwellenhören und Radio allgemein begann erst 1970. Deshalb war mir Radio Swan nicht bekannt. Sehr wohl erinnerte ich mich aber an Geheim- und Untergrundsender wie Radio Rebelde (B01, Seite 5 und B02, Seite 8), La Voz del C.I.D., Radio Clarin und andere - Stationen denen schon damals wegen ihres inoffiziellen Charakters mein Interesse galt. Als ich dann erfuhr, dass in deklassifizierten Unterlagen aus dem Archiv der CIA (bislang ca. 12 Millionen Seiten), Informationen zu Radio Swan enthalten sind, war meine Neugier endgültig geweckt. Seit einigen Jahren sind die meisten dieser ehemals geheimen Dokumente auch im Internet abrufbar. Dadurch kamen viele Tatsachen über Radio Swan ans Licht über die man bislang nur spekulieren konnte.
Neben Radio Swan gab es von dieser abgelegenen Insel weitere interessante Funkaktivitäten. Im letzten Abschnitt (Die Insel) berichte ich darüber. Die gesamte Lesezeit für diesen Beitrag beträgt etwa 70 Minuten.
Hinweise zu den Verlinkungen: die Buchstabe-Zahlen-Kombination führt an die entsprechende Stelle im Quellennachweis, dort wo möglich öffnen die Seitenzahlen direkt das Originaldokument auf der entsprechenden Seite.
Swan Island (Deutsch: Schwaneninsel, Spanisch: Islas del Cisne), Koordinaten: 17° 24' 20'' N, 83° 56' 23'' W, Google Plus Code: 769RC346+94 im April 2008. Ganz unten links das Korallenriff Bobby Cay, darüber die Hauptinsel Great Swan und rechts Little Swan. Little Swan steht unter Naturschutz und ist wegen der schroffen Korallenküste nur sehr schwer zugänglich. (Google Earth)
Abstract
Radio Swan, im November 1961 umbenannt in Radio Americas, sendete vom 17. Mai 1960 bis 15. Mai 1968 von Swan Island (Schwaneninsel) in der Karibik auf Mittel- und Kurzwelle um den Sturz von Fidel Castro zu orchestrieren. Die Station wurde von der CIA mit enormem Aufwand, getarnt als kommerzielle Station, betrieben. Während der Landung in der Schweinebucht (17. April 1961) leistete die Station taktische Unterstützung für die Landungstruppen. Trotz mehrerer (vorgetäuschter) Besitzerwechsel gab es von Anfang an Vermutungen, dass zwischen Radio Swan und der CIA eine Verbindung bestand. Aber erst nachdem zum Ende des 20. Jahrhunderts erste geheime Dokumente zu den amerikanischen Bemühungen Fidel Castro zu stürzen öffentlich zugänglich waren, wurde dies endgültig bestätigt. Die Auswertung dieser und anderer Unterlagen in Bezug auf Radio Swan/Americas und damit zusammenhängende Propagandaaktivitäten der CIA sind die Grundlage für diesen Beitrag. Viele der Informationen werden hier erstmals in deutscher Sprache veröffentlicht und ergeben nach über 60 Jahren nun endlich die (fast) vollständige Geschichte der CIA-Operation Radio Swan.

Die Politik
Durch die Anfang 1959 neu gebildete Regierung unter Fidel Castro verloren die USA ihren Einfluss auf Kuba. Die vorhergehenden Bemühungen der USA zur Bildung einer Reformregierung, die die wirtschaftlichen Interessen der USA begünstigte und dadurch Stabilität und Sicherheit für die Entwicklung von US-Plänen für Investitionen und Kapitalwachstum in Kuba garantierte, waren damit hinfällig. Um die angeschlagenen politischen Beziehungen nicht noch weiter zu schwächen verzichtete Washington darauf, die Voice of America für direkte Propagandasendungen einzusetzen (C04, Seite 3).
Im August 1959 begann die CIA damit ein allgemeines Strategiepapier zu paramilitärischen Aktionen in Lateinamerika zu erarbeiten (A06, Seite 4). Joseph Caldwell King, Chef der Western Hemisphere Division der CIA schlug am 27. Oktober 1959 eine speziell auf Kuba gerichtete Propagandaaktion vor (A08, Seite 204). Daraus entstand im Januar 1960 die Abteilung 4 (WH/4) (A06, Seite 5). Ab März 1960 leitete David Atlee Phillips die Propagandaaktivitäten dieser Abteilung (er hatte sich bereits 1954 beim Propagandaprogramm PBSUCCESS in Guatemala bewährt) und entwickelte ein Programm das zum Ziel hatte, Kuba vom Revolutionsführer Fidel Castro zu befreien (A09, Seite 10 – A23 und C29). Kernpunkt in David Phillips Propagandaaktivitäten war ein Sender auf der Schwaneninsel (A08, Seite 212). Dieser Plan wurde am 17. März 1960 von Präsident Eisenhower genehmigt (A10 und A23). Im Sommer 1960 wurde jedoch klar, dass der einzige Weg, einen politischen und militärischen Zusammenbruch Kubas zu orchestrieren, ein bewaffneter Angriff von außen war (A08, Seite 292). Zur Mobilisierung der Opposition und zur Vorbereitung der Landung in der Schweinebucht am 17. April 1961 wurde eine monumentale Propagandaoffensive gestartet (C29). Von anfangs 40 Mitarbeitern im Januar 1960 wuchs die Abteilung WH/4 bis April 1961 auf 588 Personen (A06, Seite 8). Ursprünglich waren für die gesamte Aktion in den Jahren 1960 und 1961 Kosten von $ 4,4 Millionen vorgesehen, allein für den Aufbau und den Betrieb von Radio Swan wurden $ 1,1 Millionen eingeplant (A09, Seite 12). Tatsächlich entstanden 1960 und 1961 Gesamtkosten von über $ 46 Millionen (A06, Seite 66).
Das Aufkommen von Transistorradios in den 1950er Jahren (preiswert und überall einsetzbar) machte den Rundfunk damals zu einem der wichtigsten Propagandainstrumente (neben Flugblättern, Zeitungsübernahmen und anderen subversiven Bemühungen). Bereits 1954 war die CIA-Operation PBSUCCESS gegen Guatemala ein Beweis für den erfolgreichen Einsatz von Radio-Propaganda. In einer Rede vor CIA-Spezialisten unterstrich Präsident Kennedy die Wichtigkeit von (Radio-) Propaganda die er auf die gleiche strategische Ebene wie das Wettrüsten stellte: „Da militärische Maßnahmen immer tödlicher werden und eine wachsende Zahl von Nationen Zugang zu modernen Waffen haben, werden subversive Kriege, Guerillakriege und andere Formen der Konfrontation größere Bedeutung erlangen.“ (B06)
Nach der gescheiterten Landung in der Schweinebucht setzte die CIA ihre gegen Fidel Castro gerichteten Aktionen fort. Ein Bericht vom Oktober 1961 (A12, Seite 3) spricht davon, dass neben Radio Swan sechzig weitere lateinamerikanische Stationen sowie drei Stationen in Florida anti-Castro Programme ausstrahlten. Sogar ein Sendeschiff sei einsatzbereit. Im November 1961 wurde dieses geheime Programm zur Sabotage und Unterwanderung Kubas und zur Eliminierung von Fidel Castro als „Operation Mongoose“ von Präsident John F. Kennedy genehmigt (B03, Seite 2 und B05, Seite 101). In den bislang deklassifizierten Dokumenten lassen sich nach 1962 allerdings keine direkten Hinweise mehr auf die Finanzierung von Radio Americas finden. Die 1961 gestartete „Operation Mongoose“ hatte ein jährliches Budget von $ 5,3 Millionen, davon gingen monatlich $ 90.000 an kubanische Exilgruppen (A28).
Mit der Hinwendung Castros an Russland und der daraus entstandenen Kubakrise (Oktober bis Dezember 1962) erhielt die Propagandaaktivität von Radio Americas noch einmal besondere Bedeutung. Im April 1964 gab Präsident Lyndon B. Johnson das Ziel auf, Fidel Castro zu eliminieren. In der Folge wurde die finanzielle Unterstützung und damit die Operation Mongoose im Juni 1965 eingestellt. Der CIA standen allerdings noch andere Wege offen um über Gelder zu verfügen die nicht in allen Einzelheiten nachverfolgt werden konnten. So berichtete z.B. die New York Times am 27.4.1966 in einer fünfteiligen Serie (C35) über die Arbeit der CIA, dass der Kaplan Fund 1964, im Namen der CIA, mindestens $ 400.000 an Forschungsinstitute in Lateinamerika ausgezahlt hatte.
Auffallend ist auch, dass die verschiedenen, von der CIA aufgebauten Firmenkonstrukte von Personen geleitet wurden die auch Posten als Bankdirektoren, Grundstücksmakler oder Anwälte innehatten (C08, Seite 28 und Seite 29). Der Verdacht liegt nahe, dass über deren Bankverbindungen Gelder der CIA in die Radiostation geschleust wurden.

Radio Swan und seine Programme
Die verratene Revolution
Zentraler Punkt der 1960 gestarteten Propagandaoffensive gegen Castro war Radio Swan (später umbenannt in Radio Americas). Die CIA bekam den Auftrag innerhalb von 60 Tagen einen leistungsstarken Mittel- und Kurzwellensender außerhalb der territorialen Grenzen der USA aufzubauen. Als Standort wurden die kleinen karibischen Swan-Inseln (zwei Inseln – Great Swan und Little Swan und ein Korallenriff – Bobby Cay, insgesamt ca. 3,1 qkm groß, 17° 24' 20'' N, 83° 56' 23'' W, Google Plus Code: 769RC346+94) ausgewählt. Mit Hilfe der U.S. Navy wurde eine Landebahn angelegt und die Sendeausrüstung auf die Hauptinsel (Great Swan) gebracht. Eigentlich sollte Radio Swan als Untergrundsender, getarnt als geheimes Raketen- und Weltraumprojekt (A11, Seite 131), operieren. Auf Wunsch der Navy entschied sich die CIA dann aber für die Tarnung als kommerzielle Station. Die Navy befürchtete, sollte ihre Mitarbeit an einem Untergrundsender der CIA bekannt werden, in Erklärungsnot zu kommen (A11, Seite 131 und A08, Seite 215).
Bereits am 14. Mai 1960 veröffentlichte die New York Times einen Bericht über die neue Radiostation (C33). Drei Tage später, am 17. Mai 1960 gab es erste Testsendungen auf Mittelwelle (A08, Seite 214). Offizieller Sendestart für Radio Swan, „La Voz Internacional del Caribe“, war der 1. Juni 1960 (D04, Seite 20). Man sendete in Spanisch und Englisch auf Mittelwelle 1160 kHz mit 50 kW und auf Kurzwelle 6000 kHz mit 7,5 kW. Sendezeiten waren Montag bis Samstag auf Mittelwelle von 05:00-07:15 und 18:00-23:00, sonntags von 18:30-22:15. Auf Kurzwelle wurde von 08:00-10:15 (Mo-Sa) und 18:30-22:15 an Sonntagen gesendet (C02, Seite 55). Schon bald wurde die Sendezeit von Radio Swan auf etwa zehn Stunden täglich erweitert (A08, Seite 220), aufgeteilt auf drei Sendeblöcke morgens, mittags und abends/nachts. In den ersten Monaten gab es noch keine Richtlinien für den Programminhalt der Propagandasendungen. Erst Anfang August 1960 wurden die Sendungen unter das Thema: „The Revolution Betrayed – die verratene Revolution“ gestellt (A08, Seite 218). Für den operativen Betrieb der Station war der CIA-Agent Bob Wilkinson als Programmdirektor zuständig. Er bekleidete diesen Posten bis zum Sendende von Radio Americas mit einem Jahresgehalt von ca. $ 14.000. Unterstützt wurde er von Orlando Alvarez mit einem Jahresgehalt von ca. $ 10.000. Alvarez war, bis zur Übernahme durch Fidel Castro, Besitzer der beiden kubanischen Stationen CMCH und COBH (Radio Cadena Habana) (C08, Seite 29).
Anfangs gab es noch keinen spanischsprachigen Ansager auf der Insel der auf aktuelle Ereignisse hätte eingehen können. Bis auf weiteres strahlte Radio Swan deshalb nur die Programme aus, die zwei Mal pro Woche aus Miami eingeflogen wurden (E02, Seite78). Die Nachrichten kamen aus New York, produziert von Radio Press International (RPI), einer Tochtergesellschaft des Senders WMCA. Die englischen Nachrichten wurden von verschiedenen RPI Mitarbeitern gesprochen. Für die spanischsprachigen Nachrichten setzte man Luis Tangara, eine bekannte argentinische Radiopersönlichkeit, ein. Die Überspielung der Nachrichten erfolgte täglich über eine kommerzielle Richtfunkverbindung zu den Schwaneninseln. Dafür wurden RCA-Sender auf Long Island auf 18910 kHz und 20820 kHz eingesetzt (C04, Seite 5).
Während das Unterhaltungsprogramm von PAN American Broadcasting eingekauft wurde (A22, Seite 8), waren die Propagandasendungen Eigenproduktionen, bzw. stammten von Exilkubanern die sich (überwiegend in Miami) in verschiedenen Gruppen organisiert hatten. Diese Gruppen wiederum wurden größtenteils von der CIA finanziell unterstützt und waren zur Umsetzung ihrer Aktivitäten weitgehend auf diese Unterstützung angewiesen (A22, Seite 3 und C21, Seite 7). Um die Tarnung als kommerzielle Station aufrecht zu erhalten, mussten diese Gruppen Sendezeit bei Radio Swan kaufen (A11, Seite 131). Die Aufnahmestudios für die Propagandasendungen befanden sich in Miami (C21, Seite 7).
Walter S. Lemmon und WRUL
Schon vor dem Sendestart von Radio Swan strahlten viele Sender im karibischen Raum die von Exilkubanern gestalteten Anti-Castro-Programme aus. WRUL aus Boston gesellte sich im April 1960 dazu (C18, Seite 17) und erlaubte Radio Swan im September 1960 die Übernahme seiner Sendungen. Walter S. Lemmon, WRUL-Gründer und Präsident, war auch Besitzer von Pan American Broadcasting (C18, Seite 18) und damit zuständig für die Vermarktung der Sendezeit bei Radio Swan. Deswegen verfügte Radio Swan schon kurz nach Sendestart über so potente Werbekunden wie Kleenex, Philip Morris Co. und andere (C04, Seite 7). Auch religiöse Gruppen (The World Tomorrow, Radio Bible Class) mieteten Sendezeit bei Radio Swan an (C07, Seite 99 – D13, D14). Zwischen Oktober 1960 (C30, Seite 7) und Dezember 1962 (C32, Seite 19) listete “The World Tomorrow” seine Sendungen über Radio Swan/Americas in der monatlichen Zeitschrift „The Plain Truth“ auf.

Neben den Stationen im karibischen Raum gehörten auch weitere US-Stationen in Miami (WGBS und WMIE), Key West (WKWF) und in Boston (WRUL) (A02, Seite 4 bis 5 und C21, Seite 7) zu der Propagandaoffensive, die die für Radio Swan von Exilkubanern in Miami produzierten Programme ausstrahlten. Insgesamt wurden die Anti-Castro Programme neben Radio Swan von sieben weiteren Stationen ausgestrahlt (A11, Seite 6). Mehrere Monate vor der Invasion in der Schweinebucht addierten sich die von der CIA unterstützten Propagandasendungen für alle Sender auf täglich 18 Stunden auf Mittelwelle und 16 Stunden auf Kurzwelle. Während der Invasion (17.4.1961) und in den Tagen danach erhöhte sich die tägliche Stundenzahl auf 55 für die Mittelwelle und 26 auf Kurzwelle (A03, Seite 3). Radio Swan sendete während der Invasion rund um die Uhr (D04, Seite 7).
Während Fidel Castro in den ersten zwei Jahren nach der Revolution von 1959 begann, die Kontrolle über Kuba zu festigen, machte er sich zunehmend Sorgen, dass die Moral des kubanischen Volkes durch ausländische Radiosendungen sabotiert werden könnte. Insbesondere sah er die Sendungen von Radio Swan als Versuch der USA, die kubanische Revolution zu bekämpfen (B02, Seite 5). Sogar in der Rede von Fidel Castro am 26. September 1960 vor den Vereinten Nationen drückte er seinen Unmut über Radio Swan aus (C02, Seite 52). Mit 269 Minuten war dies außerdem die bislang längste Rede in einer UN-Plenarsitzung.
Jamming
Innerhalb weniger Tage nach dem Sendebeginn von Radio Swan hatte Kuba einen Störsender aktiviert, der aber nur in der Hauptstadt Havanna den Empfang von Radio Swan wirksam unterdrücken konnte (A13, Seite 2). Kuba reagierte mit eigenen, gegen die USA gerichteten Propagandaaktivitäten. Ende Oktober 1960 ging „La Voz de INRA“ oder „The Voice of INRA“ (Instituto Nacional de Reforma Agraria - Nationales Institut für Agrarreform) auf 1160 kHz auf Sendung (C02, Seite 53). In der Folgezeit wurde INRA zu einem Netzwerk mit mehreren MW- und einer KW-Station ausgebaut (C02, Seite 54). Um aber in ganz Amerika und weltweit gehört werden zu können brauchte Kuba einen stärkeren Sender. Etwa Mitte März 1961 war der erste 100 kW-Sender einsatzbereit. Offizieller Sendebeginn für „Radio Havanna Kuba“ war der 1. Mai 1961. (D11, Seite 4 und B02, Seite 8). Weitere neue, bzw. schon bestehende Sender wurden von Kuba für das „Jamming“ verschiedener Sender eingesetzt. Mitte 1967 waren im Bereich 1155 kHz bis 1165 kHz bis zu zehn Störsender aus Kuba aktiv (C10, Seite 42). Neben Radio Americas waren davon auch Sender auf dem US Festland betroffen – in den Unterlagen der CIA wird davon allerdings selten berichtet.
Die USIA (United States Information Agency) informierte die CIA bereits am 16. Februar 1962 darüber, dass die VOA and der FBIS (Foreign Broadcast Information Service) Jamming aus Kuba, mit erheblichen Auswirkungen für Radio Americas, WGBS und andere Stationen, festgestellt hatte (A14). In einem Schreiben vom 11. September 1962 berichtete die USIA, dass Kuba sein Jammingsystem weiter ausbaut (A18, Seite 5).
In den ehemals geheimen Schriftstücken der CIA wird behauptet, dass Radio Swan Dutzende von Briefen aus allen Teilen Kubas erhielt (A13, Seite 2). Typisch für die Selbstüberschätzung der Propagandawirkung von Radio Swan ist auch die Tatsache, dass die CIA eine von ihr selbst beauftrage Umfrage in der kubanischen Bevölkerung ignorierte. Ergebnis dieser Umfrage vom August 1960 war, dass der überwiegende Teil der Kubaner die Castro-Revolution positiv bewertete. Nur rund 30% der Befragten antworteten mit mehr oder weniger kritischen Anmerkungen (A08, Seite 223). Auch mit einer Aktion im März 1961, die den Umfang der Hörabdeckung ermitteln sollte (A13, Seite 2), versuchte die CIA den Aufwand für Radio Swan zu rechtfertigen. Allen Hörern, die an die Station schrieben, wurde ein einfacher Kugelschreiber versprochen. Man erhielt fast 3000 Briefe aus 26 Ländern. Eine erhebliche Menge der Post stammte laut CIA aus Kuba. Diese Hörerbriefe wurden wegen der Kontrollen in Kuba als ein Akt des Widerstands gegen das Regime gewertet. Allerdings enthalten die veröffentlichten Unterlagen keine Zahlen über die tatsächlich aus Kuba eingegangenen Hörerbriefe. Ein Dokument aus dem Jahr 1962 oder 1963 (A22, Seite 8) berichtet, dass die meisten Hörerbriefe nicht aus Kuba, sondern aus anderen karibischen Ländern stammten. Nicht CIA-Quellen sprachen sogar davon, dass Radio Swan eher zur Unterhaltung gehört wurde als das es zur politischen Meinungsbildung beitrug. Für Tatsacheninformationen schalteten die Kubaner lieber die VOA ein, die ihre Spanisch-Programme auf Kurzwelle ab etwa Mitte 1960 ausgeweitet hatte (B02, Seite 24). Es gab mehrere Treffen zwischen David Atlee Phillips (CIA Chef der Western Hemisphere Division) und VOA Direktor Henry Loomis auf denen Programminhalte abgesprochen wurden. Während Radio Swan schrille und aufdringliche Propaganda sendete, war die VOA für verhaltenere Anschuldigungen gegen Castro zuständig (A03 und C21, Seite 7). So kam es durchaus vor, dass Radio Swan auch gezielt Lügen verbreitete um die kubanische Bevölkerung gegen Fidel Castro aufzubringen. Im Programm „National Liberation Hour“ vom 26. Oktober 1960 wurde z.B. behauptet, dass in Kuba demnächst ein Gesetz in Kraft treten würde um alle Kinder zwischen 5 und 18 Jahren zu internieren und zu indoktrinieren (B06).
Radio Swan bestätigte zuverlässig mit QSL-Brief
Ein seltener QSL-Brief von Radio Swan in spanisch
Bay of Pigs
Etwa gegen Ende 1960 begann Radio Swan seine Glaubwürdigkeit und seinen Ruf zu verlieren. Dies lag an den Programmen die von den verschiedenen exilkubanischen Gruppen, die oft ganz unterschiedliche Zielsetzungen hatten, produziert wurden. Man behandelte meist seine eigenen Probleme ohne auf die Probleme der Hörer in Kuba einzugehen. Es kam immer wieder vor, dass sich Gruppen durch sensationell wirkende, skurrile Falschmeldungen profilieren wollten (A13, Seite 2). Als die Bemühungen um eine ordnungsgemäße Kontrolle fehlschlugen informierte das Management in einem Brief vom 27. März 1961 die verschiedenen exilkubanischen Gruppen, dass ihre Programme nicht mehr benötigt würden (A11, Seite 133). Allerdings ging es der CIA auch darum, wenige Wochen vor der Landung in der Schweinebucht, die volle Kontrolle über die Programme zu erhalten (A11, Seite 106 und Seite 121). Die Station beschrieb sich jetzt als Unterstützung für diejenigen, die in Kuba gegen Castro kämpften und begann mit der Übertragung von Informationen über psychologische Kriegsführung im Zusammenhang mit der Operation Pluto (Landung in der Schweinebucht, 17. bis 19. April 1961). Vor und während der Landung in der Schweinebucht wurden Informationen als taktische Unterstützung für die Söldner und die konterrevolutionären Organisationen in Kuba ausgestrahlt (A11, Seite 134).
Als beruhigende Nachricht für die am 14. April 1961 in See gestochenen Invasionstruppen verbreitete Radio Swan am Morgen des 15. April 1961 die Nachricht über Bombenangriffe auf die kubanische Luftwaffe. Dass die Bombenangriffe teilweise missglückt waren und Fidel Castro noch über funktionstüchtige Militärflugzeuge verfügte, erfuhren die rund 1300 Mann auf den fünf Invasionsschiffen nicht (C27, Seite 20). Sonntagabend (16. April 1961) änderte sich die bislang passive Rolle von Radio Swan dramatisch in die aktive Teilnahme an der Invasion. Mehrmals wiederholte Radio Swan die Ansage: „Alert! Alert! Look well at the rainbow. The fish will rise soon. Chico is in the house. Visit him. The sky is blue. ... The fish will not take much time to rise. The fish is red.” (C13, Seite 67 – C27, Seite 21 - D10 und B06) Dies sollte auf den Beginn der Invasion in der Schweinebucht hinweisen. Später stellte sich heraus, dass weder die bereits an Land befindlichen, noch die auf den Schiffen zurückgebliebenen Landungstruppen diese Nachricht erhielten. Die Untergrundtruppen in Havanna hörten zwar diese Meldung, da man sie aber nicht über die Bedeutung dieses Codes und auch nicht über die bevorstehende Invasion unterrichtet hatte, wussten sie nicht was zu tun war (A11, Seite 116 und C27, Seite 21). So kam der eigentlich zur Unterstützung der Landungstruppen geplante Aufstand nicht zustande. Nichtsdestotrotz berichteten die CIA-gesteuerten Programme von Radio Swan über den patriotischen Einsatz der Freiheitskämpfer und den baldigen Sieg über Fidel Castro. Gegen 5:15 Uhr am Morgen des 17. April 1961 berichtete Radio Swan über einen groß angelegten Aufstand auf der gesamten kubanischen Insel. Als klar wurde, dass alles nicht nach Plan verlief und die Invasionstruppen vom kubanischen Militär eingekesselt waren, rief Radio Swan am frühen Morgen um 3:44 (Dienstag, 18. April 1961) das kubanische Militär zur Revolte gegen Fidel Castro auf. Es folgten weitere Aufrufe zu interner Sabotage sowie codierte Meldungen (C27, Seite 23).
Spätestens am Nachmittag des 19. April 1961 konnte man erkennen, dass die Invasion gescheitert und die überwiegende Zahl der revolutionären Kämpfer gefangen genommen waren. Trotzdem sendete Radio Swan weiterhin taktische Informationen und mysteriöse Befehle an (nichtexistierende) Bataillone (A11, Seite 66). Am 22. April 1961 berichtete Radio Swan sogar, dass weitere Truppen zur Verstärkung auf Kuba gelandet waren (C27, Seite 24 und B02, Seite 7). Im Nachhinein stellte sich heraus, dass dies eine völlig falsche Sicht der Tatsachen darstellte. Während der Invasion hatte man rund um die Uhr gesendet (B02, Seite 7), innerhalb einer Woche kehrte man zum normalen Sendeplan zurück (A23).

Radio Americas
In den Programmen wurde nun nicht mehr zum Aufstand gegen die kubanische Regierung aufgerufen, sondern nur noch gegen Fidel Castro gerichtete Propaganda ausgestrahlt. Die in das Unterhaltungsprogramm eingebetteten Nachrichten boten Meldungen über konterrevolutionäre Aktivitäten, vermieden jedoch Kommentare, die als Anstiftung zur Rebellion ausgelegt werden konnten (B06). Man sendete jetzt parallel auf Kurz- und Mittelwelle nach folgendem Sendeplan: 5 bis 8 Uhr, 12:30 bis 14 Uhr und ab 18 Uhr bis 00:15 Uhr (A13, Seite 5). Radio Swan bestätigte Empfangsberichte zuverlässig mit QSL-Brief, unterzeichnet von Horton H. Heath. Nachdem im November 1961 der Stationsname in Radio Americas geändert wurde (Besitzer der Station war jetzt Vanguard Service) gab es einige Monate lang keine Bestätigungen für Empfangsberichte. Erst im September 1962 begann Radio Americas damit eine bunte QSL Karte zu verschicken auf der der Standort der Station in der Karibik zu erkennen war (C27, Seite 26). Die Karten wurden anfangs von Agnes Shirley oder C. Stanley unterzeichnet, später auch von anderen Mitarbeitern. Der allgegenwärtige Horton Heath verschwand, Roger Butts (wahrscheinlich eine neue Identität von Horton Heath – C27, Seite 53) wurde jetzt als neuer Stationsmanager aufgelistet. Entsprechend der Aussage von Roger Butts hatte Vanguard Service die Sender von der Gibraltar Steamship Co. gemietet (C27, Seite 27). Die laufenden Kosten der Station wurden laut Roger Butts von Sponsoren aufgebracht. Aus heutiger Sicht ist natürlich klar, dass dieser „Sponsor“ die CIA war.
Ab September 1962 verschickte Radio Americas diese bunte QSL-Karte
Die Rückseite enthielt genaue Informationen zu den verwendeten Sendern.
Inzwischen verfügte Radio Americas über ein Team von mehr als 30 Personen die fast das gesamte Programm in Miami zusammenstellten und auf Tonband speicherten. Einige der Mitarbeiter stammten von der durch Fidel Castro am 13. September 1960 geschlossenen Station CMQ (B06). Die Aufnahmen entstanden in einem kleinen Studio in Coral Gables, Florida, 101 Madeira Avenue und in den Continental Sound Recording Studios, 2020 N.W. 7th St. Miami (C08, Seite 29). Die Bänder wurden ein bis zweimal wöchentlich per Flugzeug (eine im Besitz von Radio Americas befindliche einmotorige Piper Comanche) auf die Schwaneninsel gebracht. Auf der Insel selbst gab es jetzt vier spanischsprachige Nachrichtensprecher und einen amerikanischen Ansager. Die jede halbe Stunde ausgestrahlten Nachrichten wurden aus Material von AP und UPI (das man per Fernschreiber via Kurzwelle erhielt) zusammengestellt. Einige wenige Shows wurden auch direkt auf Swan Island von der WNYW Kurzwellenstation in Scituate, Mass (Radio New York Worldwide – ehemals WRUL) für die zeitversetzte Ausstrahlung aufgenommen (C08, Seite 29).
Programmplan vom März 1965 (Übersetzung aus dem spanischen)
Die Anteile der Programmelemente:
Nachrichten, Kommentare, Propaganda = 71%
Musik = 14%
Gesundheit = 6%
Religion = 8%
Sport = 1%
Propaganda ohne Erfolg
Ein Programmplan vom März 1965 zeigt, wie weit sich das inzwischen fast ausschließlich spanischsprachige Programm von der ursprünglichen Behauptung einer „amerikanischen kommerziellen Station“ entfernt hatte (C27, Seite 28). Im Wochendurchschnitt gab es lediglich rund 14% Musik, Gesundheit und Religion belegten 6 bzw. knapp 8 Prozent der Sendezeit. Der Anteil von Sportsendungen lag gar unter einem Prozent. Mehr als zwei Drittel der Sendezeit wurde also mit Nachrichten, Kommentaren, Reden und Propaganda gefüllt.
Die Kubaner, eigentlich ein fröhliches Volk mit einer unbeschwerten Einstellung zum Leben, waren unter Castro einer endlosen, hartnäckigen Konfrontation mit der Politik und Propaganda der eigenen Regierung ausgesetzt. Es verwundert deshalb nicht, dass der Durchschnittskubaner wohl wenig Interesse daran hatte, seine Freizeit damit zu verbringen, auch von Radio Americas (dessen Empfang in Kuba sowieso verboten war – C14, Seite 17) mit Propaganda berieselt zu werden. Da schaltete er doch lieber das spanische Unterhaltungsprogramm der Voice of America, fast unmittelbarer Nachbar auf der Radioskala, auf 1180 kHz über den Sender in Marathon, Florida (dem Vorläufer von Radio Marti) ein (C14, Seite 19). Anders war die Lage in Mittel- und Südamerika. Dort gab es durchaus eifrige Hörer von Radio Americas (C31, Seite 2). Die Anstrengungen die die USA im Kampf gegen Castro unternahmen erweckten hier den Eindruck, dass Castro für Lateinamerika noch bedeutender sein musste als es eigentlich den Anschein hatte (C14, Seite 19).
Den Höhepunkt erreichten die CIA-Propagandasendungen Richtung Kuba Anfang 1965 mit Ausgaben von 1,5 Mio. Dollar. Das „Cuban Freedom Committee“, als Deckmantel für „Radio Free Cuba“, sendete wöchentlich 77 Stunden über Sender in Miami, Key West und New Orleans (A21, Seite 281). Die Sendungen von Radio Americas und drei weiteren angemieteten kommerziellen Stationen beliefen sich auf insgesamt 119 Wochenstunden (A21, Seite 282). Trotz all dieser propagandistischen Bemühungen die kubanische Bevölkerung gegen Castro aufzubringen, tendierte der Erfolg von Radio Americas und anderer Aktionen gegen Null. Dies und die veränderte weltpolitische Lage (US-Beteiligung am Vietnamkrieg ab ca. 1964) führten dazu, dass ab 1965 die Anti-Castro Bemühungen langsam zurückgefahren wurden (A21, Seite 288).
Die Budgetkürzungen für Untergrundaktivitäten der CIA führten letztendlich dazu, dass die Sendungen von Radio Americas am 15. Mai 1968 eingestellt wurden (C05). Während PBSUCCESS 1954 gegen Guatemala (zumindest aus Sicht der CIA) noch ein Erfolg war, kann man Radio Swan/Radio Americas (sowie die gesamten Anti-Castro Aktionen der CIA) wohl als Fauxpas des Jahrhunderts bezeichnen.

Radio Swan - die Technik
Eagle wird zu Swan
Es ist der 4. Juli 1950, 7:30 Uhr – der Sendebeginn von Radio Free Europe. Bei Lampertheim/Deutschland wird dafür „Barbara“, ein auf Lastwagen installierter, mobiler 7,5 kW-Kurzwellensender der Radio Corporation of America (RCA) eingesetzt (C25, Seite 8 und C26, Seite 46). Genau ein Jahr später beginnt „Barbara“ einige Jahre lang aus Portugal zu senden (C25, Seite 9 und D06). Ob und wann „Barbara“ nach der Ausmusterung zurück in die USA verfrachtet wurde ist unklar. Ebenfalls ab 1950 hatte die CIA zwei weitere mobile Kurzwellensender, ähnlich wie „Barbara“, allerdings mit lediglich 500 Watt, in Griechenland für Radio Goryanin im Einsatz (B07 und B08, Seite 68). Ob nun „Barbara“ oder ein anderer im Besitz der CIA befindlicher Sender seinen Weg in die Karibik zu Radio Swan fand ließ sich nicht endgültig klären. Bereits 1954 wurde ein Sender auf Swan Island von der CIA für den Umsturz der guatemalaischen Regierung eingesetzt (A21, Seite 282 und D02, Seite 117). Dies war wahrscheinlich ausschlaggebend, diese Insel erneut als Standort für Radiosendungen auszuwählen.
Eindeutiger ist die Lage bei „Eagle“, einem weiteren mobilem Sender auf Lastwagen (C20, Seite 8 und D02, Seite 130). Dieser 50 kW-Mittelwellensender wurde ab 1953 im Bereich Cham (Bayern, Oberpfalz) zur Unterstützung anderer RFE-Sender eingesetzt (C26, Seite 50 – C28 und D07). Es stand dort allerdings nur eine Antenne mit Rundstrahlcharakteristik zur Verfügung, es gab Interferenzen und Jamming, so dass der Sender nicht sehr erfolgreich eingesetzt werden konnte. Letztendlich beendete ein Hochwasser im Juli 1954 die erste kurze Karriere von „Eagle“. Der Sender wurde nach Bremerhaven transportiert und dort eingelagert (C28). Sehr wahrscheinlich gelangte er von dort in Lagerhallen im Bush Terminal, Brooklyn (A11, Seite 131). Dort waren auch weitere US-Sender, teilweise für den späteren Einsatz durch die VOA, eingelagert (A25, Seite 1).

fleißige "Seebienen"
Am 18. März 1960, nur einem Tag nachdem Präsident Eisenhower das gegen Castro gerichtete Programm genehmigt hatte, erhielt das Construction Bataillon Atlantic (CBLANT) der US-Marine den Auftrag eine Funkstation auf Swan Island zu errichten. Zu diesem Zeitpunkt befand sich das Naval Mobile Construction Bataillon 6 (NMCB Six) mit 130 Navy Seabees (Bautrupp der US Navy, wörtlich übersetzt: Seebienen, abgeleitet von der Abkürzung CB für Construction Bataillon) im Naval Construction Battallion Center (NCBC) Davisville, Rhode Island um einen Einsatz auf Bermuda vorzubereiten. NMCB Six erhielt den Befehl das Swan-Projekt dem auf Bermuda vorzuziehen. Innerhalb von acht Stunden hatte man eine Liste mit den benötigten Materialien (Möbel, Einrichtungsgegenstände, Küchenausstattung, Geschirr, Bettwäsche usw.) zusammengestellt. Vieles war in den Lagern des Marinestützpunkts vorhanden (D03). Nicht vor Ort vorhandenes Material kam wahrscheinlich aus dem knapp 300 Kilometer entfernten Marinelager im Bush Terminal, Brooklyn. Nur zehn Stunden nach Bestellung trafen die ersten Lastwagen in Davisville ein. Innerhalb von vier Tagen erreichten zwei LST’s (tank landing ship) die Basis auf Rhode Island und wurden mit über 80.000 Kg Baumaterial und Ausrüstung beladen. Das erste LST traf etwa eine Woche später auf der Swan Insel ein. Innerhalb von 20 Tagen wurden zwei Masten errichtet, eine behelfsmäßige Landebahn planiert und Gebäude erstellt. Die Kosten dafür wurden mit etwas unter 225.000 Dollar angegeben (A08, Seite 213).
Nachdem die beiden Masten errichtet waren ließ ein CIA-Vertreter einen schwarzen Anhänger vom zweiten LST ziehen. Einen Tag später, am 17. Mai 1960, ging Radio Swan auf Sendung. Diese detaillierte Beschreibung der Arbeiten aus Unterlagen der Marine (D03 und C37) deuten an, dass die Kurzwellensendungen nicht zeitgleich mit der Mittelwelle auf Sendung gingen. Erste Empfangsmeldungen von Radio Swan auf Kurzwelle stammen vom August 1960 (D04, Seite 1 und Seite 20). Um die Gebäude und Landebahn fertig zu stellen blieben die Seabees noch einige Wochen auf Swan.
Nachdem die Geheimhaltung für Kenneth van Belkums Auszeichnung für seinen Einsatz beim Aufbau von Radio Swan aufgehoben wurde, berichtete die Lokalpresse ausführlich über seine Erlebnisse. (Foto: Northwest Florida Daily News)
Für seinen Einsatz beim Aufbau von Radio Swan erhielt Lieutenant Kenneth van Belkum eine Auszeichnung von höchster Stelle. Aber auch diese Auszeichnung unterlag der Geheimhaltung, so dass Kenneth erst im Rentenalter davon erfuhr. (Seabee Magazine)
Leutnant Kenneth D. van Belkum muss mit seinen Seabees eine so hervorragende Arbeit geleistet haben, dass Marineadmiral Arleigh Burke seinerzeit eine sehr seltene Belobigung aussprach. Allerdings war die gesamte Marineoperation – und damit auch die Belobigung – so geheim, dass Kenneth van Belkum erst im Rentenalter davon erfuhr (C37).
Anflug auf die Schwaneninsel ca. 1961. Die Gebäude und Antennen in der Bildmitte zeigen Wohn- und Arbeitsräume des Wetterdienstes und des Flugfunks. Rechts daneben, nicht mehr nutzbare ältere Gebäude der United Fruit Company (erbaut ab ca. 1910). Rechts oben, neben der Landebahn, Wohn- und Studiogebäude von Radio Swan. (Archiv Tom Sundstrom, W2XQ)
Detailansicht des bewohnten Teils von Swan Island. Links oben der Wohnbereich der honduranischen Soldaten, darunter der überwiegend zerfallene Bereich der ehemaligen United Fruit Company-Gebäude. Rechts die Überreste des Wohn- und Studiokomplexes von Radio Swan/Americas. (Google Earth, 13. April 2008)
Stationsbeschreibung
Im Endausbau hatten die beiden Masten (Vertikalstrahler) für die Mittelwelle eine Höhe von je 74 Metern. Durch eine Anfang 1961 durchgeführte Antennenmodifikation (Phaseneinspeisung mit Bevorzugung des östlichen Mastes) konnte eine Richtwirkung nach Kuba erzielt werden (A11, Seite 48 – C09, Seite 51 und C15, Seite 20). Auch auf dem US-Festland hatte sich dadurch der Empfang verbessert (C03, Seite 77). Einige hundert Meter Richtung Westen befanden sich mehrere kleine Masten (zwischen die ein Ganzwellendipol gespannt war) (C15, Seite 20 und C17, Seite 16) die für die Kurzwellensendungen eingesetzt wurden. Die Lastwagen mit den Sendern wurden auf Betonsockeln unter einem Schutzdach aufgestellt.
Direkt neben den Sendern waren zwei riesige Dieselgeneratoren in einem separaten Gebäude untergebracht. Sie versorgten die Sender und die sonstige Technik mit Strom. Allein zwei Mitarbeiter waren nur für die Wartung der Generatoren und der Fahrzeuge (Harvester Scout 4WD) zuständig. Für den reibungslosen Betrieb der Sender sorgten sechs Techniker. (C15, Seite 21). Ein Stationsmanager vervollständigte das neunköpfige Philco Service-Team.
links die Sendeanhänger unter einem Schutzdach, davor zwei Harvester Scout Geländewagen. Im Gebäude dahinter befinden sich zwei Dieselgeneratoren. (Foto: Tom Kneitel, Februar 1968) (nachträglich eingefärbt)
Blick von Südosten auf die Mittelwellenantenne von Radio Swan mit hurrikantauglicher Abspannung. Unter dem vorderen Mast ist das Häuschen mit der Abstimmeinheit zu erkennen. (CIA Pressefoto 1961)
Im Juli 1960 hatte Radio Swan 24 Mitarbeiter auf der Insel, bis auf neun alles CIA-Personal (A08, Seite 217). Diese neun waren Techniker der Logistics Service Corporation of Philadelphia (eine Tochtergesellschaft der Philco Corporation) und zuständig für alle technischen Aspekte (Sender, Stromversorgung, Antennen) der Station (A21, Seite 283). Ihnen war nicht bewusst, dass ihr Arbeitgeber von der CIA für die Wartungsarbeiten beauftragt worden war. Die monatlichen Kosten für den Sendebetrieb auf Swan beliefen sich auf ca. 30.000 Dollar. Anfangs wurden die Programme zwei Mal pro Woche von Coastal Air Inc. (4041 NW 25th St, Miami, FL 33142) mit einer 1952 erbauten Aero Commander 520 von Miami via Cozumel (Mexiko) eingeflogen. Ab Mitte/Ende 1961 bekam die jetzt in Radio Americas umbenannte Station nur noch einmal wöchentlich Anlieferungen per Leichtflugzeug (A21, Seite 283). Inzwischen befanden sich auf der Insel auch mehrere spanischsprachige Ansager (A21, Seite 283), so dass man nicht nur auf angelieferte Bänder angewiesen war. Allerdings wurden fast nur Nachrichten und Stationsansagen live ausgestrahlt. Deshalb benötigte man nur ein kleines Studio mit einem Tisch und Mikrofon. Fernschreiber, Empfänger und Bandgeräte mit denen Sendungen zur Wiederausstrahlung aufgenommen wurden nahmen da schon sehr viel mehr Raum ein (C15, Seite 20). Teile der von Radio Americas ausgestrahlten Programme wurden von anderen Stationen gespeichert und zeitversetzt ausgestrahlt.

Treibstoff für die Dieselgeneratoren, Nahrungsmittel und andere schwere Güter kamen etwa alle 10 Tage (C04, Seite 6) (eine andere Quelle spricht von zwei Monaten - E02, Seite 78) von Tampa, Florida per Schiff auf die Insel. Die damit beauftragte „Hamilton Brothers Steamship. Co.“, die auch die auf Swan Island stationierten Mitarbeiter des Wetterdienstes und der Bundesluftfahrtbehörde versorgte, setzte dafür drei ehemalige Navy-Landungsschiffe ein (C04, Seite 5).
Voice of the Escambray
Während der Invasion in der Schweinebucht war auch ein Untergrundsender „Voice of the Escambray“ aktiv. Angeblich stand dieser Sender in einem Rebellencamp in den Escambray-Bergen auf Kuba. Tatsächlich wurde aber ein Reservesender auf der Schwaneninsel eingesetzt (A11, Seite 134 und C21, Seite 11). Wahrscheinlich wurde dieser zweite Kurzwellensender auch genutzt um ab Herbst 1962 Radio Americas parallel auf 11800 kHz auszustrahlen. Die Frequenz 11800 kHz wurde aber bereits irgendwann 1963 wieder aufgegeben. In der damaligen Presse tauchten unterschiedliche Leistungsangaben von 3,5 kW bzw. 5 kW für diesen Sender auf. Auch die Kurzwelle 6000 kHz wurde kurz auf 6005 kHz geändert. Bereits im November 1962 kehrte Radio Americas zurück auf 6000 kHz. Um Interferenzen mit amerikanischen Stationen auf 1160 kHz zu vermeiden änderte man die Mittelwellenfrequenz auf 1165 kHz um kurz danach im März 1965 auf ca. 1157 kHz zu wechseln (C27, Seite 27).
Das Ende von Radio Americas
Der in die Jahre gekommene RCA-Kurzwellensender fiel am 20. September 1967 aus. Da die Kurzwellenhörer sowieso nicht das eigentliche Ziel von Radio Americas waren sah man von einer kostspieligen Reparatur ab (C10, Seite 42). Im Februar 1968 wurde die Station zwar noch einmal auf Kurzwelle gehört (C09, Seite 50) (wahrscheinlich über den ehemaligen 5 kW Escambray-Sender), kurz danach fiel die Kurzwelle aber endgültig aus. Gerüchte sprechen davon, dass der Kurzwellensender an eine religiöse Gemeinschaft in Südafrika ging aber nie zum Einsatz kam. Die religiöse Gesellschaft CARA wollte zwar einen Sender in Afrika einsetzen, dies war jedoch bereits 1966 und es handelte sich um einen 1000 Watt Kurzwellensender (C12, Seite 51 und C16, Seite 38).
Nach der Einstellung der Sendungen 1968 (A22, Seite 2) soll der 50 kW-Mittelwellensenders ab 1970 im Vietnamkrieg zum Einsatz gekommen sein (D05 und D06). Andere Berichte (C26, Seite 51) sprechen ebenfalls davon, dass der Sender nach Vietnam transportiert wurde und dort von einem Flugzeug aus (Blue Eagle- Projekt Jenny) Programme der psychologischen Kriegsführung ausstrahlte. Dies scheint aber unwahrscheinlich, da Blue Eagle I bereits im Oktober1965 in Vietnam zum Einsatz kam (D12). Das Versenken des Senders im Meer vor der Küste der Schwaneninsel wie von David Hollyer beschrieben (C28) scheint sich durch eine kurze Bildsequenz in einem Video von 2022 (F02) zu bestätigen. Allerdings kann man nicht wirklich erkennen ob es sich tatsächlich um einen versenkten Sendecontainer handelt. Eine sichere Aussage über den Verbleib der Sender von Radio Swan/Americas ist deshalb nicht möglich.
Gelegentlich wird Swan Island von Seglern besucht. Edwin und Wendy Cutler waren im Mai 1985 dort. Sie berichteten, dass die Antennenmasten noch standen und auch die gemauerten Stationsgebäude in einem halbwegs passablen Zustand waren (E03). Ende Oktober 1998 zog einer der stärksten je gemessenen Stürme, Hurrikan Mitch, mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 285 km/h über die Insel und zerstörte die Sendemasten (E04, E06). Einige der gemauerten Gebäude von Radio Swan/Radio Americas scheinen Mitch jedoch überstanden zu haben. Auf einem Foto von 2011 (E05, Seite 12) sind sie noch zu erkennen. Von den Antennenmasten zeugen heute nur noch die dicht überwucherten Sockel, umgeben von dahinrostenden Metallteilen (F02).
Stationsgebäude von Radio Swan / Radio Americas im Jahr 1985. (Foto: Edwin und Wendy Cutler)
Blick von Nordwesten auf den westlichen Teil von Great Swan, auf der Lichtung rechts von der Mitte befinden sich die Gebäude der Wetterstation und des honduranischen Militärstützpunkts. Direkt unterhalb der Landebahn stehen noch einige Gebäude von Radio Swan/Americas. (Foto: Kip Evans, 2011)
Um die winzigen Schwaneninseln auf einer Landkarte zu finden muß man auf spezielles Kartenmaterial zurückgreifen. In diesem Kartenausschnitt der Defense Mapping Agency von 1977 sind noch Sendemasten vermerkt.
Die letzten Reste der Antennenmasten fielen 1998 Hurrikan Mitch zu Opfer. Heute weisen nur noch Mastsockel (hier eines Mittelwellenmastes) auf die Rundfunkvergangenheit hin. (Danny Germer, 2022)

Radio Swan - die Hörer rätseln
Geheime Operationen sollten verborgen bleiben!
Entsprechend „Title 50 U.S. code § 3093 (e)“ (A26) sollen geheime Operationen und Aktivitäten der USA so durchgeführt werden, dass eine Beteiligung der CIA oder der Vereinigten Staaten verborgen bleiben. Im Fall von Radio Swan/Americas (und anderen seinerzeit gegen Kuba gerichteten Aktionen) ist dies jedoch grandios misslungen. Wohl auch deshalb hat sich die CIA sehr lange (teilweise bis 2016) gegen die Veröffentlichung ihrer Unterlagen aus dieser Zeit gewehrt (A27). Aber erst durch Veröffentlichung dieser Dokumente war es möglich die damaligen Vermutungen zu bestätigen und den tatsächlichen Anteil der CIA an Radio Swan/Americas zu belegen.
Seinerzeit wurde die plötzlich praktisch aus dem nichts auftauchende neue Station von den Hörern mit Erstaunen und Verwunderung aufgenommen (C08, Seite 27). Erste Meldungen über Radio Swan erschienen in den DX News des National Radio Club im Juni und Juli 1960. Bereits da fiel auf, dass die FCC die Station nicht gelistet hatte (C23, Seite 13 und C24, Seite 15). Schnell entdeckten die sehr aktiven amerikanischen DXer weitere Ungereimtheiten bei der Station. Auch die amerikanische Presse begann ab Juni 1960 daran zu zweifeln, dass es sich bei Radio Swan um ein wirklich legitimes kommerzielles Unternehmen handelte (A06, Seite 11 und B02, Seite 6).
Die Besitzer
Besitzer von Radio Swan war die Gibraltar Steamship Corporation, eine Tarnfirma der CIA (A08, Seite 213 und A21, Seite 283), die allerdings keinerlei Schiffe besaß. Präsident war Thomas Dudley Cabot, ein ehemaliger Präsident der United Fruit Company (C07, Seite 100 und D04, Seite 5) (die mehrere CIA-Mitarbeiter auf ihrer Lohnliste hatte) und früherer Direktor für innere Sicherheit im US-Außenministerium (C04, Seite 7 und B02, Seite 6). Als Besitzer der Schwaneninsel galt ein Herr Sumner Smith. Bei der Gibraltar Steamship Corporation besetzte er den Posten des Vize-Präsidenten und verlangte (und erhielt) Miete von Radio Swan für die Nutzung seiner Insel (A21, Seite 283 und C36).
Mehrmals wechselte die Gibraltar Steamship Co. ihre Anschrift. Den Anfang machte das Postfach 1247, G.P.O., New York (C02, Seite 55), gefolgt von einer Adresse in Manhattan: 437 Fifth Avenue – beides Orte an denen sich keine Mitarbeiter von Radio Swan befanden. Trotzdem wurden Empfangsberichte rasch und zuverlässig beantwortet (D04, Seite 2) – unterzeichnet von Mr. Horton H. Heath. Die allerersten QSL-Briefe hatten allerdings einen leicht abweichenden Unterzeichner: R. H. H. Heath. In den 1950er Jahren war ein gewisser Roger H. H. Heath für den Geheimdienst der US Luftwaffe tätig (C27, Seite 53). Die Vermutung, dass es sich um ein und denselben CIA-Mitarbeiter handelte liegt nahe.
Radio Swan benutzte manchmal auch die Anschrift 29 Broadway, New York 6. Sie führte zu einer Anwaltskanzlei. Richard S. Greenlee, Partner in dieser Kanzlei, arbeitete für die Gibraltar Steamship Co. als Firmenanwalt. Und letztlich war für Radio Swan auch 18 East 50th Street in Gebrauch (C04, Seite 7). Dabei handelte es sich um einen unbenutzten Teil der Radio Press International Büros (RPI).
Lizenz der FCC?
Tom Kneitel war wohl der amerikanische Journalist, der am intensivsten über Radio Swan berichtete. Schon kurz nach Sendebeginn forschte er bei der FCC (Federal Communications Commission – amerikanische Lizensierungsbehörde) nach Lizenzinformationen zu Radio Swan. Im September 1960 teilte man ihm mit, dass die FCC keine Informationen zu diesem Sender besitzt (C02, Seite 53). Mit anderen Worten: Radio Swan sendete ohne Lizenz. Demgegenüber vergab die FCC aber sehr wohl Amateurfunklizenzen für Swan Island. Sogar mehrere Mitarbeiter von Radio Swan/Americas und Philco-Techniker erhielten eine Amateurfunklizenz als KS4CA, KS4CB, KS4CC und KS4CD (C14, Seite 17). In den damaligen Amateurfunkhandbüchern wird für KS4CA als QSL-Adresse sogar die Anschrift von Radio Americas angegeben (B09, Seite 606). Als Amateurfunkgeräte standen damals ein 150 Watt Allied Knight T-150 und ein 500 Watt Collins Galaxy F für CW- und SSB-Verbindungen zur Verfügung (C10, Seite 43). Auch Stationen der Bundesluftfahrtbehörde (SWA – Funkbake auf 407 kHz) und des meteorologischen Dienstes (WSG – RTTY-Verbindungen und Sprachkanal, 2738 kHz, 3329 kHz, 5945 kHz und 9840 kHz) auf Swan Island erhielten Rufzeichen von der FCC (C10, Seite 42 und D01, Seite 20).
QSL-Karte von KS4CC (James I Takaki) vom Oktober 1966. (Sammlung Ken Lawrence)
James (KS4CC) war Techniker bei Radio Americas. (Sammlung Ken Lawrence)
Immer wieder fragten Journalisten bei der FCC nach der Lizensierung von Radio Swan/Radio Americas, erfuhren aber lediglich, dass man bei der FCC über die Existenz des Senders wusste. Als Folge der vielen Anfragen und Presseberichte wurde der Zugang zu Swan Island sehr stark eingeschränkt (C17, Seite 16) und keine KS4-Rufzeichen mehr vergeben. Die FCC untersagte sogar kurzfristig eine Amateurfunkexpedition auf die Schwaneninsel (C07, Seite 100). Man wollte so zumindest einen Rest der Geheimhaltung aufrechterhalten.
Einem Mitarbeiter der FCC, George O. Gillingham, rutschte 1965 am Telefon die Aussage heraus, „dass die FCC keine Sender des Staates lizensiert“ (C09, Seite 112 und C13, Seite 68). Zu diesem Zeitpunkt war den meisten Hörern allerdings bereits klar, dass es sich bei Radio Swan/Americas um eine CIA-Operation handeln musste. Die von der CIA sorgfältig aufgebaute Tarnung als kommerzieller Sender hatte spätestens seit der Landung in der Schweinebucht Löcher bekommen. In der Newsweek-Ausgabe vom 1. Mai 1961 wurde Radio Swan eindeutig als CIA-Operation bezeichnet (C04, Seite 35).
Kommerzielle Station?
Zweifel an der kommerziellen Ausrichtung ergaben sich auch aus den auffallend geringen Kosten für Werbeeinblendungen. Radio Swan verlangte für einen einminütigen Spot $ 24, während vergleichbar starke Stationen in New York $ 30 bis $60 aufriefen. Bei der Anmietung einer kompletten Sendestunde war der Unterschied noch deutlicher. Bei Radio Swan zahlte man $ 175, bei anderen Stationen waren bis zu $ 550 fällig (C04, Seite 6). Es verwundert deshalb nicht, dass die markterfahrene PAN American Broadcasting schon kurz nach Sendestart potente Werbekunden für Radio Swan gewinnen konnte. Einer der wichtigsten Werbekunden der damaligen Zeit, Campbells‘, entschied sich jedoch gegen Radio Swan als man erfuhr, das große Teile des Programms aus Propaganda bestanden (C04, Seite 6). Jedem der rechnen konnte war damals klar, dass Radio Swan aus den Werbeeinnahmen kaum die laufenden Kosten bestreiten konnte. Auch die Folgestation Radio Americas rief ähnlich geringe Preise für die Anmietung von Sendezeit aus.
Da die Tarnung als kommerzielle Radiostation nach der aktiven Teilnahme an der Landung in der Schweinebucht nur noch schwer aufrecht zu erhalten war, wurde das Büro von Radio Swan im September 1961 nach Miami (Zimmer 910, 911 und 912 im Langford Building, 121 SE First Street) verlegt. Von hier sollte Horton Heath (der bislang als kaufmännischer Leiter fungiert hatte) Radio Swan leiten. Nach etwa zwei Monaten verschwand die Gibraltar Steamship Co. und auch Radio Swan still und leise ins CIA-Nirwana. Neuer Besitzer war jetzt die Vanguard Service Corporation die die gleichen Räume wie Radio Swan im Langford Gebäude belegte. Selbst die Telefonnummer von Radio Swan wurde übernommen. Die CIA hatte sich nicht wirklich viel Mühe mit der Tarnung ihrer neuen Tarnfirma gemacht, auch wenn der Stationsname in Radio Americas geändert wurde. Die Namensänderung erfolgte wahrscheinlich irgendwann zwischen dem 7. und 15. November 1961 (C27, Seite 26).
Mitte 1964 änderte sich die Firma hinter Radio Americas erneut. Neuer Besitzer war jetzt Radio Americas Inc. mit der Anschrift 101 Madeira Avenue in Coral Cables, einem Vorort von Miami (C27, Seite 28). Auch dies war eine Tarnfirma der CIA. In den Kurzwellensendungen gab Radio Americas eine Anschrift in Caracas, Venezuela an. Auf diese Weise konnte man die Zuschriften nach Kurz- und Mittelwellenhörern und Empfangsgebieten trennen (C09, Seite 51).
Swan Island ist eine ca. 10 Meter über dem Meeresspiegel liegende Erhöhung am östlichen Ende des Swan Island Grates. Die Insel befindet sich 5300 m über dem angrenzenden Boden des Cayman-Beckens. (Google Earth)
Der tatsächliche Standort?
Ein sehr großes und viele Jahre lang kontrovers diskutiertes Thema war der „angebliche“ Senderstandort auf der Schwaneninsel (C27, Seite 1). Ende Februar 1960 waren drei Funkamateure während des ARRL CW DX Wettbewerbs für acht Tage unter dem Rufzeichen KS4AZ von der Schwaneninsel aktiv. Sie hatten keinerlei Aktivitäten zum Aufbau eines Senders beobachtet (C01, Seite 52). Man konnte sich damals nicht vorstellen, dass es möglich sein sollte einen 50 kW-Sender in weniger als drei Monaten auf dieser entlegenen Insel aufbauen zu können.

Der Augenzeugenbericht von Ethel M. Crowell, am 6. Juli 1962 in der Fallmouth Enterprise veröffentlicht (C34), hätte mehrjährige Mutmaßungen und teilweise hitzige Diskussionen über den Sendestandort abkürzen können. Allerdings wurde dieser Zeitungsbericht erst mehrere Jahre später in Kurzwellenhörerkreisen bekannt. Während ihres mehrtägigen Aufenthalts auf der Schwaneninsel mit dem Zweck der historischen Forschung über den Guano-Abbau wurde Frau Crowell von Roger Butts, dem Vizepräsidenten der Vanguard Service Corporation betreut. Er verwaltete damals den Betrieb von Radio Americas auf der Insel. Frau Crowell wurde in einer der Quonset-Hütten (in Leichtbauweise vorgefertigte Struktur aus Wellblech mit einem halbkreisförmigen Querschnitt), die die Seabees errichtet hatten, untergebracht. Über den Betrieb von Radio Americas erfährt man von Frau Crowell nur wenig, allerdings enthält ihre Schilderung Informationen über die (in anderen Quellen kaum erwähnten) angenehmen Lebensumstände der Mitarbeiter. So gab es in ihrer Quonset-Hütte fünf Räume und ein Bad mit fließendem Warm- und Kaltwasser. Eine Meerwasserentsalzungsanlage lieferte frisches Trinkwasser und auch das reichhaltige Essen lieferte ihr keinen Grund zur Beanstandung.
Im Februar 1968 gelang es Tom Kneitel als erstem und einzigem Journalisten eine Besuchserlaubnis für Radio Americas zu erhalten. Wahrscheinlich hatte die CIA zu diesem Zeitpunkt schon das Ende von Radio Americas am 15. Mai 1968 im Blick und hatte keine Bedenken mehr einen Journalisten auf die Insel zu lassen (C15, Seite 22). In den zurückliegenden Jahren hatte Tom Kneitel viele investigative Artikel zu Radio Swan/Americas und den Verbindungen zur CIA veröffentlicht. Nun war es ihm auch noch gelungen das Rätsel des Standorts endgültig zu lösen (C09, Seite 45 - C14, Seite 16 und C15, Seite 18). Aus seinem Bericht geht hervor, dass sich die Wohngebäude sowie Studio- und Büroräume im südwestlichen Teil der Insel, die Antennen und Sender im Südosten befanden. Er berichtete, dass die in die Jahre gekommenen Sender in Lastwagen/Anhängern untergebracht waren und konnte so auch das Rätsel um den schnellen Aufbau der Station lösen.
Noch mehr Swan?
Für weitere Verwirrung über den tatsächlichen Standort von Radio Swan sorgten Gerüchte, dass die Station von einem Schiff aus senden würde. Tatsächlich gab es Sendungen von der „Matusa Time“. Auch hier hatte die CIA ihre Hände im Spiel (A02, Seite 5), allerdings handelte es sich um Sendungen von „Radio Cuba Independiente“ (C21, Seite 11 und C29). Ähnlich wie bei Radio Swan wurden diese Sendungen von kubanischen Exilgruppen gestaltet (A11, Seite 131 und A23). Angeblich hatte die CIA im Vorfeld der Landung in der Schweinebucht außerdem drei Schiffe gemietet die, ähnlich wie Radio Swan, CIA-gesteuerte Programme auf Mittel- und Kurzwelle ausstrahlen sollten. (A11, Seite 23 und Seite 48). Diese drei Schiffe haben Miami jedoch nie verlassen. Außerdem hatten sie nicht die notwendige Technik und das Personal an Bord um überhaupt senden zu können (A11, Seite 106).
Von Juli 1975 bis Mitte 1977 wurde der Name Radio Swan noch einmal von einer Station in San Pedro Sula, Honduras benutzt. Man sendete auf 6185 kHz, dann 6000 kHz und später 6015 kHz (D04, Seite 2). Die Programme enthielten Anti-Castro Propaganda, ein Zusammenhang mit dem ursprünglichen Radio Swan lässt sich nicht nachweisen und ist unwahrscheinlich.

Ersatz für Radio Swan?
Mittelwellensender mit 1000 kW?
Edward R. Murrow, Direktor der United States Information Agency (USIA, auch bekannt als United States Information Service – USIS) erstellte im Mai 1962 ein Memorandum für Brigadegeneral Edward Geary Lansdale (Chef der Operation Mongoose) über die Möglichkeit, einen neuen Mittelwellensender aufzubauen um Programme nach Kuba auszustrahlen (A24, Seite 43 bis 52). Dieser sollte Radio Americas ersetzen, da auch der CIA klar war, dass Radio Americas – trotz des Namenwechsels - nach der taktischen Beteiligung an der Landung in der Schweinebucht seine Glaubwürdigkeit verloren hatte (A24, Seite 42 und Seite 48) und nicht wirklich effektiv bei den kubanischen Hörern ankam (A17, Seite 3).
Edward Murrow stellte in seinem Bericht fest, dass der hohe Grad der Glaubwürdigkeit der Voice of America (die VoA war ein Teil der USIA) unbedingt erhalten werden müsse. Härtere Propagandasendungen dürften nur durch eine verdeckte Operation ausgestrahlt werden (A24, Seite 52). Im August 1962 wurden neun mögliche Standorte in und um die Karibik herum untersucht (A24, Seite 12 bis 22) und in verschiedenen Schriftstücken (gesammelt in A24) diskutiert. Von fast allen Standorten hätte ein 1000 KW-Sender ein ausreichendes Signal in Kuba abliefern können. Neben dem extrem hohen finanziellem und logistischem Aufwand hätte man auch mit politischen Unwägbarkeiten an ausländischen Standorten und dem Problem der Frequenzkoordination bei so einem starken Sender zu kämpfen gehabt. Außerdem hätte Fidel Castro den Empfang dieses neuen Senders in fast ganz Kuba durch Störsender beeinträchtigen können (A24, Seite 18 und 19). In einem Bericht der USIA vom September 1962 (A18) wird die damalige Lage in Bezug auf bestehende, nach Kuba gerichtete Sendungen der VoA, von Radio Americas und vier US-Station dargelegt. Außerdem wurden insbesondere die kaum beherrschbaren juristischen/politischen Probleme eines neuen starken Senders diskutiert.

Radio Free Cuba
William King Harvey, einer der bedeutendsten Agenten der damaligen Zeit, schlug deshalb als Alternative vor, einen Sender „Radio Free Cuba“ im Süden Floridas aufzubauen und die Station auf der Schwaneninsel aufzugeben (A15, Seite 4). Wahrscheinlich ist dies die erste Erwähnung von „Radio Free Cuba“ dem Vorläufer des im Mai 1985 gestarteten „Radio Marti“.
In einem Memorandum vom 31. August 1962 (A16, Seite 8) setzte sich Brig. Gen. Lansdale dafür ein die Sendungen von Radio Americas und andere CIA-gesponsorte Rundfunksendungen vorerst fortzusetzen: „um das Castro Regime zu irritieren“. In einem Dokument vom 27. November 1962 wurde dieser Satz fast wortgleich wiederholt (A20, Seite 14).
Um einen „Radio-Krieg“ zu verhindern, unter dem auch der Empfang vieler kommerzieller US-Stationen gelitten hätte, wurde der Plan eines neuen, starken Mittelwellensenders von der CIA nicht weiterverfolgt. Stattdessen forderte Präsident Kennedy die USIA am 20. Oktober 1962 (auch vor dem Hintergrund der Kubakrise) auf, ihre Programme Richtung Kuba signifikant zu erhöhen (B06). Auf den zum USIA-Netzwerk gehörenden Stationen WGBS (Miami), WMIE (Miami), WSB (Atlanta), WWL (New Orleans) und WKWF (Key West) wurden Programme auf den (angeblich) von exilkubanischen Gruppen angemieteten Sendezeiten ausgestrahlt. Auch Radio Americas konnte dadurch seine Daseinsberechtigung verlängern. Die VOA maximierte ihre Spanisch-Programme (A19, Seite 3 und B02, Seite 18/26) unter anderem auch dadurch, dass sie 1962 zwei neue Sender in Florida in Betrieb nahm (D08).
Geheime Station der VOA
Unter diesen neuen Sendern befand sich auch eine geheime Station die von der VOA für Ausstrahlungen nach Kuba benutzt wurde, im Falle eines bewaffneten Zwischenfalls (der während der Kubakrise nicht unwahrscheinlich war) aber auch andere Aufgaben wie z.B. Jamming, hätte übernehmen können. Einzelheiten zu diesem Sender blieben lange Zeit unbekannt (C11, Seite 66). Erst 1969 bestätigte ein VOA-Mitarbeiter, dass es einen Sender auf Dry Tortugas gegeben habe. Weitere Informationen kamen 1998 durch einen ehemaligen Mitarbeiter dieser Station (C19, Seite 13) und 2004 durch Historiker in Florida (B10, Seite 38) ans Tageslicht. Demnach wurde ein vormals bei WBAL eingesetzter, 20 Jahre alter, eingemotteter 50 kW-Sender (Westinghouse 50G) wieder einsatzbereit gemacht und im Oktober 1962 (zum Höhepunkt der Kubakrise) auf fünf Lastwagenanhängern durch die Navy zum Fort Jefferson auf Garden Island gebracht (D08). Garden Island gehört zu den Dry Tortugas, sieben kleinen unbewohnten Koralleninseln am Ende der Florida Keys, etwa 113 km westlich von Key West, Florida. Der von der Navy betriebene Sender strahlte Übernahmen der VOA, gelegentlich aber auch von Radio Americas aus (C11, Seite 66). Die Station sendete nur drei Monate lang (Oktober bis Dezember 1962) auf 1040 kHz. Im Januar 1963 wurde sie abgebaut und an einem neuen Standort (Sugarloaf Key – nahe der Key West Naval Air Station) wiederaufgebaut. Von dort sendete die Station weiterhin auf 1040 kHz. Der nicht mehr geheime Standort Sugarloaf Key wurde von der VoA offiziell auf QSL-Karten bestätigt. Nachdem 1966 ein Hurrikan die Antennen zerstörte wurde der Standort Sugarloaf Key aufgegeben und der Sender wieder eingelagert. Am ehemaligen Marathon Key Standort der VOA soll er später noch einmal für Sendungen von Radio Marti eingesetzt worden sein.


Die Quellen
Ein Dank an alle die mich bei der Recherche unterstützt haben!
Radio Swan war kein alleinstehendes Projekt der CIA sondern vielmehr ein integraler Bestandteil des Versuchs, Fidel Castro zu stürzen. Höhepunkt war die misslungene Landung in der Schweinebucht. Relativ schnell wurden die teilweise haarsträubenden Fehler und Fehleinschätzungen der CIA in internen Untersuchungsberichten aufgezeigt. Auf vielen hundert Seiten erschien Radio Swan oft nur in einzelnen Sätzen die mühsam herausgesucht und in Zusammenhang gebracht werden mussten. Lange weigerte sich die CIA diese und andere Unterlagen öffentlich zu machen (A01, A04 und A05). Erst nach und nach, teilweise nach langen Gerichtsverfahren, erhielt die Öffentlichkeit Einblick. Auf Veranlassung von Präsident Biden wurde im Dezember 2022 ein weiterer großer Schwung von Dokumenten freigegeben.
Eine weitere wichtige Informationsquelle aus Sicht der damaligen Hörer waren die Berichte von Tom Kneitel († 22. Aug. 2008 - C22, Seite 4) und anderen Autoren in den Funk-Magazinen der 1960er-Jahren. Dank „worldradiohistory.com“ waren fast alle diese Magazine frei einsehbar.
Mein Dank geht auch an Chet Reuter der mich durch seinen Vortrag auf dem Radiotag 2022 erst auf diese Station aufmerksam gemacht hatte sowie an Richard Cummings (von 1980 bis 1995 Sicherheitschef von RFE/RL) und Ken Brown (Netzwerkingenieur bei RFE/RL) deren Forschung über CIA Clandestine-Sender und die für Radio Swan verwendeten Sender ich übernehmen durfte.
Von einigen der damaligen mit Radio Swan verbundenen Personen konnte ich Angehörige ausfindig machen die mir über die Arbeit ihrer Väter Auskunft geben konnten. Dies half mir, einige der vorhandenen Informationen besser zu verstehen und einzuordnen. Dies waren insbesondere Karin Kneitel (Tochter von Tom Kneitel) und Frank Roulstone (Sohn von Frank E. Roulstone Jr., Chef der Wetterstation auf Cayman, auch zuständig für die Wetterstation auf Swan Island) sowie Wendy Cutler die über ihren Besuch auf der Insel 1985 berichtete. Ein weiterer besonderer Dank geht an Ken Lawrence der als Philatelist Abbildungen seiner postalischen Dokumente mit Bezug zu Radio Swan zur Verfügung stellte.

Die Insel
Kolumbus „entdeckt“ die Insel
Radio Swan/Radio Americas war sicherlich das spektakulärste, aber bei weitem nicht das einzige Funkereignis auf dieser kleinen Insel. Deshalb zum Abschluss noch eine kleine (Funk-) Geschichte von Swan Island. Zuerst aber ein kurzer historischer Rückblick.
Während seiner vierten Reise in die Neue Welt erreichte Christoph Kolumbus am 30. Juli 1502 eine kleine Insel (Guanaja) vor der Küste von Honduras. Einige Tage vorher, am 26. Juli 1502 (St. Anne’s day) sichtete er die Schwaneninsel und nannte sie „Islas Santa Ana“. Während dieser Reise betrat Kolumbus im Bereich des heutigen Honduras erstmals (15. August 1502) das amerikanische Festland. Darauf beruhten später die Ansprüche von Honduras auf diese Insel. Etwa 1520 „entdeckten“ unbekannte Spanier die Insel erneut und gaben ihr den Namen Santanilla (E09, Seite 57). Da es auf der Insel kein Frischwasservorkommen gab spielte sie in den folgenden Jahrhunderten aber erst einmal keine große Rolle für die damaligen Seefahrer.
Kapitän Charles Swan, Schmuggler und Pirat, und sein Segelschiff Cygnet nutzten die Insel um 1680 als Basis und Versteck. Ab ca. 1750 hatte sich deshalb allgemein der Name Swan Island (Schwaneninsel) durchgesetzt. Im „Treaty of Friendship, Limits, and Navigation“ von 1795 zwischen Spanien und den Vereinigten Staaten wurden beiderseitige Gebietsansprüche im karibischen Raum geregelt. Swan Island wurde in diesem Vertrag nicht erwähnt. Die Insel war so unbedeutend, dass keine der beiden Nationen Anspruch auf sie erhob.
Guano-Abbau
Mitte des 19. Jahrhunderts gab es erste, aber nicht sehr erfolgreiche Versuche die Insel nutzbar zu machen. Etwa 1850 setzte Samuel Parsons eine Reihe von Ziegen auf der Insel aus. Im Laufe der Zeit vermehrten sich die Ziegen und bildeten eine recht große Herde. Als Parsons einige Jahre später auf die Inseln zurückkehrte, fand er sie von einer amerikanischen Phosphatfirma besetzt und alle seine Ziegen waren von den Arbeitern aufgegessen worden.

United Fruit Company - Alles Banane?
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erlangte Swan Island erneut Bedeutung, da die Insel verkehrstechnisch günstig zwischen Mittelamerika und den USA lag. Ab etwa 1899 besaß die „United Fruit Company” (heute Chiquita) riesige Plantagen für Bananen, andere tropische Früchte und Zuckerrohr in Mittelamerika. Um ihre große Flotte von Bananenfrachtern (seinerzeit als „Weiße Flotte“ bekannt) besser koordinieren zu können und Verluste durch unvorhergesehene Ereignisse zu minimieren installierte die United Fruit Company (UFCO) zwischen 1904 und 1907ein Netz von Funk-Relaisstationen die eine schnelle Verbindung von der Firmenzentrale zu den Plantagen ermöglichen sollten. Trotz der Unvollkommenheiten der damaligen Anlagen und der in den Tropen besonders häufigen statischen Störungen erwiesen sich die Funkverbindungen als außerordentlich wertvoll für die Firma (G08, Seite 379).
Auf Swan Island hatte man Anfang 1907 mit dem Bau eines 10 kW Funkensenders begonnen der mit 60 Entladungen pro Sekunde arbeitete (Knallfunkensender) (G08, Seite 381). Da Swan Island keine direkte Anlandemöglichkeit bot mussten die Transportschiffe etwa einen Kilometer vor der Insel vor Anker gehen. Die gesamten, oft schweren Anlagenteile und der Stahl für zwei je 60 Meter hohe Antennenmasten wurden auf Ruderboote umgeladen und an Land gebracht. Es dauerte etwa acht Monate bis die Station auf Schwan einsatzbereit war. Es stellte sich heraus, dass zuverlässige Funkverbindungen mit den nächstgelegenen Relaisstationen in New Orleans und Port Limon (Costa Rica) nur zu bestimmten Jahreszeiten möglich waren. Etwa neun Monate pro Jahr verhinderten atmosphärische Störungen einen zuverlässigen Funkverkehr (G08, Seite 382). Trotzdem wurde der Sender auf Swan Island als Erfolg gewertet. In der Zeit vor der staatlichen Regulierung des Funkverkehrs gaben sich die Gesellschaften die Funkstationen betrieben eigene Rufzeichen (D02, Seite 120). Dabei repräsentierte der erste Buchstabe oft die jeweilige Gesellschaft (z.B. D für De Forest Wireless oder P für Pacific Wireless). Die Station auf Swan Island erhielt deshalb das Rufzeichen US (United-Swan) (G03, Seite 24).
Rasanter technischer Fortschritt führte dazu, dass bereits in der zweiten Hälfte des Jahres 1907 eine Technik zur Verfügung stand die nicht so anfällig gegen Statik-Störungen war. Ende 1907 bestellte die United Fruit Company für jedes ihrer Schiffe einen dieser neuen 2 kW Fessenden synchronen Funkensender (Löschfunkensender) die mit 500 Zyklen/Sekunde arbeiteten (G08, Seite 384). Nun konnte die Firmenzentrale nicht nur mit ihren Plantagen, sondern auch mit ihren Schiffen kommunizieren und den Warenfluss weiter optimieren. Je nachdem in welchem Hafen sie lagen, dienten die Schiffsstationen außerdem als zusätzliche Relaisstationen da nach wie vor noch kein regelmäßiger Funkverkehr zwischen den Landstationen möglich war. 1911 entschloss sich die United Fruit Company ihre Relaisstationen mit aktueller Technik zu erneuern. Hauptlieferant für die Sende- und Empfangsanlagen war zu dieser Zeit die Wireless Specialty Apparatus Co., Inc., (WSA) aus Boston. Um besseren Einfluss auf das tropentaugliche Design und um hohen Marktpreisen für die Geräte zu entgehen erwarb die United Fruit Company 1912 Anteile an WSA (G08, Seite 388).
Trotz der schwierigen Transportlogistik sollte auch die Station auf Swan Island vollkommen erneuert werden. Zwei neue, je 75 Meter hohe Masten wurden aufgestellt und die vorhandenen zwei Masten auf ebenfalls 75 Meter Höhe aufgestockt. Insgesamt dauerte es rund zwei Jahre bis die gesamte Sendetechnik und die Stromversorgung mit zwei 75 PS-Generatoren einsatzbereit war (G08, Seite 389). Nicht ganz klar ist ob Swan, wie ursprünglich geplant, mit einem neuen 50 kW-Sender (G01, Seite 816 und G08, Seite 388) oder einem modernen 5 kW-Sender (G02, Seite 4) ausgerüstet wurde. Einer der Antennenmasten fiel 1914 einem Hurrikan zum Opfer, wurde aber sofort wieder aufgebaut. Nur ein Jahr später zerstörte ein Hurrikan mit Windgeschwindigkeiten von über 200 km/h drei Masten und fällte praktisch alle Bäume der Kokosnussplantage die 20 Jahre lang den Stürmen standgehalten hatten. Wiederum erfolgte eine rasche Reparatur.

Mit der Weiterentwicklung der Vakuumröhre zur Elektronenröhre (ab ca. 1912) konnten neue Sende- und Empfangsgeräte entwickelt werden die auf definierten Frequenzen einsetzbar waren (Funkensender konnten nur ein sehr breitbandiges Signal erzeugen). Damit konnte man den atmosphärischen Störungen zum Teil entgehen. Mit dieser neuen Technik waren nicht nur Morsesignale (damals: radiotelegraphie) sondern auch Sprache (radiotelephonie) übertragbar. Wieder dachte die United Fruit Company über die Modernisierung ihrer Sendeanlagen nach. In der zweiten Jahreshälfte 1922 bestellte man bei RCA fünf Sendestationen auf Basis der neuen Röhrentechnologie (G04, Seite 81 und G10, Seite 34). Auch auf Swan Island wurde etwa 1924/1925 einer dieser neuen Sender mit damals für Röhrensender gigantischen 20 kW installiert (G08, Seite 394). Aber nur wenige Jahre später, zum Ende der 1920er Jahre hatte sich die Technik so weit entwickelt, dass verlässliche Verbindungen zwischen Nord- und Mittelamerika auch ohne Relaisstationen möglich waren. Zu diesem Zeitpunkt hatte die United Fruit Company über vier Millionen Dollar in ihr Sendernetz investiert (G09, Seite 528). Die Station auf Swan Island wurde nicht mehr benötigt, scheint aber trotzdem weiter betrieben und auch modernisiert worden zu sein da die UFCO weiterhin Interessen auf Swan Island in Form einer Kokosnussplantage hatte.
Fünf Kilowatt Sender der Wireless Specialty Apparatus Co. Laut WSA wurde dieser Sender vor 1919 auf Swan Island eingesetzt. (Foto: Firmenbroschüre WSA)
Überreste der Stromversorgung für die Anfang des 20. Jahrhunderts auf Swan eingesetzten Sender der UFCO. (Foto: Steve Paull, 1940)
Wetterstation
Neben der Übermittlung firmeninterner Nachrichten erlangte das Sendernetz der United Fruit Company auch immer mehr Bedeutung für andere Nutzer. Gegen eine Gebühr (meist pro Wort berechnet und abhängig davon wie viele Relaisstationen an der Übermittlung beteiligt waren) konnten auch private Nutzer Nachrichten senden. Schnell erlangte die drahtlose Kommunikation zudem Bedeutung für in Seenot geratene Schiffe. Selbst in dieser frühen Phase des Funkverkehrs konnten mehr als einmal Menschenleben gerettet werden. Dabei erwies sich die zentrale Lage von Swan als besonders günstig.
Ebenfalls immer wichtiger wurde die Übermittlung von Wetterbeobachtungen. Schon mit Beginn der Sendetätigkeit tauschten die Sender der United Fruit Company an Land und auf den Schiffen untereinander Informationen über die Wetterlage aus. Insbesondere während der Hurrikansaison (Mitte August bis Mitte September) konnten die Schiffe der United Fruit Company so Stürmen ausweichen bzw. im Hafen aussitzen. Das US-Wetterbüro, bislang ohne zuverlässige Meldungen aus der Karibik und dem Golf von Mexiko, machte deshalb alle Kapitäne der weißen Flotte und die Cheffunker von Burrwood (Louisiana), Cape San Antonio (Cuba) und Bluefields (Nicaragua) zu stellvertretenden Wetterbeobachtern. Auch der Funker auf Swan Island erhielt 1914 diese zusätzliche Aufgabe. Zwei Mal täglich wurden die Informationen nach New Orleans und von dort über Landleitungen zum Wetterbüro in Washington weitergeleitet. Entsprechende Sturmwarnungen wurden in der Karibik dann über die Stationen der United Fruit Company wieder ausgestrahlt (G08, Seite 394). Mit der nachlassenden Bedeutung der Relaisstationen ließ zwischen 1928 und 1932 auch die Rolle des Hurrikanwarndienstes auf Swan Island nach (D02, Seite 124).
Karte des US-Wetterbüros von 1927. Sie zeigt die damals vorhandenen Funk- und Telegraphieverbindungen über die Wetterbeobachtungen nach Washington gemeldet wurden. Die Funkverbindung von New Orleans nach Swan Island (ganz unten, rechts der Mitte) wurde rot eingefärbt.
Im Jahr 1938 etablierte das US-Wetterbüro eine eigene Wetterstation auf Swan Island. Nachdem sie 1938 und 1939 nur während der Hurrikansaison arbeitete, erfolgte ab 1940 eine ständige Besetzung während des ganzen Jahres. Steve Paull (W9FPF), zusammen mit Harold Crutcher und George Barnes als Meterologen und einem Koch verließen am 17. August 1940 New Orleans auf einem kleinen Frachter, einschließlich etwa acht Tonnen Ausrüstung. Ankunft vor Swan Island war am Morgen des 21. August 1940. Mit der Hilfe von Donald Glidden, Verwalter der UFCO-Kokosnussplantage auf der Insel, und seinem kleinen Segelboot konnte bis zum Abend alles sicher auf die Insel gebracht werden. Die zwei 3 kW-Generatoren wurden in der alten Maschinenhalle aufgebaut und bildeten einen enormen Kontrast zu den noch vorhandenen riesigen Funkensendern. Von den ehemals vier riesigen Antennenmasten waren zwei wegen fortgeschrittener Korrosion abgebaut und die anderen zwei auf eine Höhe von 30 Metern gekürzt worden.
Innerhalb von fünf Tagen hatten Steve und sein Team Stromversorgung, Antenne, Sender und die meteorologischen Geräte aufgebaut. Am 26. August 1940 gab es mit dem Hallicrafters HT-9 eine erste Funkverbindung mit der Marinestation Balboa (Panama). Offiziell wurde die Wetterstation auf Swan mit dem Rufzeichen WSG am 29 August 1940 eröffnet. Als Empfänger stand zu diesem Zeitpunkt ein RCA AR-77 zur Verfügung. Für seine Zeit auf Swan Island hatte Steve das Amateurfunkrufzeichen KD4GYM erhalten. Er errichtete eine V-Antenne Richtung Norden für 14 MHz. Da der HT-9 nur für den Betrieb auf 14 MHz vorgesehen war brauchte er keine weiteren Antennen. Zusätzliche Antennen hätten auch das Starten von Wetterballonen mit den darunter hängenden Geräten stören können. Im November 1940 wurden zwei 150 Watt-Sender für CW (Telegrafie) und ein weiterer AR-77 Empfänger geliefert. Die 150 Watt-CW-Sender wurden nur auf Marinefrequenzen, nicht auf den Amateurbändern betrieben. Der AR-77 Empfänger war besonders robust und für den Einsatz unter unwirtlichen Bedingungen konstruiert. Wegen der hohen Luftfeuchtigkeit und des Salzgehalts in der Luft mussten trotzdem alle Geräte regelmäßig gewartet und gegen Rost behandelt werden (G07, Seite 9ff).
Zwischen 1940 und 1943 befand sich die Funkstation des Wetterbüros in diesem Gebäude das Anfang des 20. Jahrhunderts auch die Funkstation der UFCO beherbergt hatte. (Foto: Steve Paull, 1940)
Funkstation des US-Wetterbüros auf Swan Island. Die zwei hohen Schränke links beherbergen die CW-Sender der Marine, in der Ecke daneben der 100 Watt Sender für das 14 MHz Band (HT9). Auf dem Tisch zwei AR-77 Empfänger sowie Kopfhörer, Mikrofon und Morsetaste. (Foto: Steve Paull, 1940)
Amateurfunk
Der (wahrscheinlich) erste Amateurfunkkontakt von Swan Island war am 7. September 1940: eine Sprachverbindung mit W9HPM. Swan Island zählte damals als eigenes Radioland und Steve tat sein Möglichstes um vielen den Kontakt mit einem neuen Land zu ermöglichen. Oft musste er jedoch die Amateurbänder verlassen da die Funkkontakte zur Übermittlung der Wetterdaten zu festgelegten Zeiten stattzufinden hatten. Dies brachte ihm in den damaligen Radiomagazinen den nicht nett gemeinten Spitznamen „Sultan of Swan“ ein. Steve berichtete auch, dass andere Amateurfunker in laufende Gespräche hineinsendeten um als nächster in den Genuss des neuen Radiolandes zu kommen – eine Unsitte über die auch heute noch Besitzer von seltenen Rufzeichen klagen.
Ab 1939 gebauter Hallicrafters HT-9 Sender. Durch auswechselbare Abstimmeinheiten konnte das 54 Kg schwere Gerät auf verschiedenen Wellenbereichen arbeiten. Das Gerät auf Swan war für den 14 MHz-Bereich eingerichtet. Sendeleistung CW 100 Watt, Sprache 75 Watt.
QSL Karte von Steve Paull, einem der ersten Amateurfunker auf Swan Island.
RCA Empfänger AR-77. Der durchgehende Frequenzbereich von 540 kHz bis 31 MHz war in sechs schaltbare Bereiche unterteilt.
Nach etwas mehr als fünf Monaten, am 7. Februar 1941, endete der Dienst von Steve auf Swan Island (G05, Seite 84). Ihm folgte George Grover mit dem Rufzeichen KD4HHS (G06, Seite 52). Viele der nachfolgenden Meteorologen besaßen ebenfalls eine Amateurfunklizenz, so dass bis 1972 noch viele Funker Swan Island, erst mit dem Prefix KD4, später mit KS4, arbeiten konnten. Die meteorologische Arbeit auf Swan veränderte sich über die Jahre kaum (Wetterbeobachtungen regelmäßig alle sechs Stunden durchführen, zwei Mal täglich Wetterballone zur Messung der oberen Luftschichten starten). Die meteorologische und funktechnische Geräteausrüstung wurde allerdings immer wieder modernisiert, im September 1956 kam noch ein WSR-1 Radar (Weather Surveillance Radar) dazu. Beim WSR-1 handelte es sich um eine modifizierte Version des AN/APS-2F-Radars, das das Wetteramt von der Marine erwarb. Es war das erste Mal, dass ein Wetterradar von einer zivilen Organisation in den USA eingesetzt wurde. Die Nutzung des Radars endete etwa 1963. Im Jahr 1974 wurde die Station Teil der „Cooperative Hurricane Upper Air Stations“ die im Auftrag des National Hurricane Center Messungen vornahm. Die meteorologische Station wurde 1980 geschlossen nachdem Belize die Höhenmessungen übernommen hatte. Die Bodenmessungen auf Swan fielen jetzt in den Verantwortungsbereich der honduranischen Marine (G11).
Nach dem zweiten Weltkrieg richtete das US-Landwirtschaftsministerium auf Swan Island zwischen 1946 und 1949 eine Quarantänestation für Vieh, das aus Lateinamerika importiert wurde, ein (E09, Seite 66). Ebenfalls ab 1946 nutzte eine dritte US-Behörde Swan Island. Die FAA (Federal Aviation Administration) installierte eine Funkbake (Rufzeichen SWA, 407 kHz) die dem karibischen Flugverkehr als Navigationshilfe diente.
Der erste Untergrundsender auf Swan Island
Der Untergrundsender „La Voz de la Liberación“ sorgte 1954 dafür, dass der demokratisch gewählte Präsident von Guatemala, Jacobo Árbenz Guzmán am 27. Juni 1954 zurücktreten musste. Árbenz plante eine Landreform die die Interessen der United Fruit Company gefährdete. UFCO’s Verflechtungen mit der CIA führten dazu, dass die CIA eine etwa 400 Mann starke „Befreiungsarmee“ am 18. Juni 1954 von Nicaragua aus über Honduras nach Guatemala schickte und sie mit Waffen versorgte. Wichtigster Faktor bei dieser PBSUCCESS genannten Aktion waren die Propagandasendungen von „La Voz de la Liberación“. Die Station sendete vom 1. Mai 1954 bis zum 2. Juli 1954 auf 6360 kHz (tagsüber) und 3530 kHz, ab 8. Mai auf 3420 kHz (G12, Seite 4).
Die CIA schickte 1953 E. Howard Hunt und David Atlee Phillips auf Swan Island um dort die Sendungen für Guatemala vorzubereiten. Der Radiohistoriker Don Moore verordnete die Station noch auf eine entlegene Farm in Nicaragua. Für ihn gab es auf Swan Island lediglich einen Reservesender (G13). Historiker Bart Lee konnte 1989 im direkten Kontakt mit E. Howard Hunt jedoch erfahren, dass „La Voz de la Liberación“ tatsächlich von Swan Island aus gesendet hatte. In einem Brief an Bart Lee teilte Howard Hunt mit, dass man einen auf der Insel vorhandenen 10 kW-Sender einer Tochterfirma der United Fruit Company nutzen konnte (G14). Man kann vermuten, dass die UFCO Swan Island und die Nutzung ihres Senders vorgeschlagen hatte da der Sturz von Árbenz hauptsächlich ihren Interessen diente.
Am 15. September 1955 richtete Hurrikan Janet erhebliche Zerstörungen auf Swan Island an. George T. Damoff berichtete aus einem Such- und Rettungsflugzeug (D02, Seite 129), dass man auf Swan fünf umgestürzte Sendemasten sehen konnte. Ein indirekter Beweis dafür, dass ein Sender auf Swan existiert hatte.
Übergabe an Honduras
Honduras sah die US-Präsenz auf Swan Island als „Yankee-Imperialismus“ und meldete 1923 erstmals Ansprüche auf die Inseln an. Als Begründung führte man an, dass die Inseln ursprünglich für Spanien entdeckt wurden und deshalb zum nächstgelegenen spanischsprachigen Land gehören sollten. Nach vielen diplomatischen Zwischenschritten überließen die Vereinigten Staaten mit Wirkung zum 1. September 1972 die Inseln schließlich dem honduranischen Präsidenten Ramone Ernesto Cruz. Allerdings wurde vertraglich vereinbart, dass die USA weiter auf der Insel präsent sein durften (z.B. in Form der Wetterstation). Funkverbindungen ab diesem Zeitpunkt zählten allerdings für Honduras und nicht mehr als eigenes Land.
Rebellencamp der Contras
Ende der 1980er Jahre kehrte die CIA noch einmal zurück auf Swan Island. Dieses Mal ging es aber nicht um einen Untergrundsender, sondern um ein Trainings- und Unterstützungscamp für die gegen die sandinistische Regierung von Nicaragua kämpfenden Contras. Nach seinem Amtsantritt 1981 als 40. Präsident der Vereinigten Staaten autorisierte Ronald Reagan die CIA, mit der Finanzierung, Bewaffnung und Ausbildung von Rebellen zu beginnen. Der Internationale Gerichtshof in Den Haag urteilte 1984, dass die Regierung der Vereinigten Staaten durch die Unterstützung der Contras gegen internationales Recht verstoßen habe. Trotzdem setzte die CIA, unter noch stärkerer Geheimhaltung, die Unterstützung für die Contras fort. Die finanziellen Mittel kamen jetzt überwiegend aus meist dubiosen privaten Quellen (Drogen- und Waffenhandel). Wieder einmal nutzte die CIA die abgelegene Schwaneninsel, mit honduranischer Duldung, um eine geheime Operation durchzuführen. Dieses Mal funktionierte die Geheimhaltung tatsächlich so gut, dass nur wenige Quellen auf den erneuten Aufenthalt der CIA auf Swan Island hindeuten.
Noch aufschlussreicher ist der Brief eines ehemaligen CIA-Agenten den man heute als Whistleblower bezeichnen würde. Zwischen Januar 1986 und Juli 1990 war er als leitender Computersystemanalytiker und Programmierer in einer etwa 15 Personen starken Kommunikationseinheit (Codename BYJURY) auf dem Militärstützpunkt Richmond (Miami) stationiert. Ab etwa Mitte 1987 bestand die Hauptaufgabe dieser Einheit in der Kommunikation mit einer kleinen Station die auf Swan Island zur Unterstützung einer Vielzahl von Operationen eingerichtet worden war. Die dortige Landebahn diente als Basis für Piloten, die Vorräte für die von der CIA unterstützten Rebellen abwarfen. Das Kommunikations-Setup auf Swan bestand aus einem sogenannten Flyaway-Paket, im Wesentlichen ein HF-Sender/Empfänger, ein PC-basiertes Kommunikationsterminal und ein KG-84-Verschlüsselungsgerät. Im Normalfall wären die in Richmond empfangenen Nachrichten entschlüsselt worden um dann an den entsprechenden Empfänger innerhalb der CIA weitergeleitet zu werden. Die Nachrichten von Swan waren jedoch meistens superverschlüsselt und konnten nur in verschlüsselter Form weitergeleitet werden. BYJURY konnte die Nachrichten zwar nicht entschlüssen, trotzdem war dem Team in Richmond klar, dass auf Swan etwas passierte das besondere Geheimhaltung verdiente (G17).
Das Ende der 1980er Jahre von der CIA auf Swan Island verwendete Loop-Verschlüsselungsgerät für digitale Daten KG-84. (Copyright: G. Glenn Henry)
Überreste der Ende der 1980er Jahre von der CIA benutzten Kommunikationseinrichtung auf Swan, fotografiert 2015 von der Seglerin Barbara Dahn.
Swan Island heute
Hin und wieder gab es wissenschaftliche Expeditionen auf die Insel, meist um Flora und Fauna zu untersuchen. Insbesondere die Riffe um die Insel herum sind ein Biodiversitäts-Hotspot mit über 500 Fischarten und 350 Weichtierarten. UNAVCO installierte im September 2014 die COCONet (Continuously Operating Caribbean GPS Observational Network) GPS Station CN18 um Aufschlüsse über die Bewegung der tektonischen Platten zu erhalten. Im Bereich der Schwaneninsel treffen die nordamerikanische und die karibischen Platte aufeinander (G18). Gelegentlich besuchen auch Segler die abgelegenen Inseln und veröffentlichen Berichte über ihre Erlebnisse mit und auf Swan (E03 und E06).
UNAVCO GPS-Messstation auf Swan Island (Foto: Michael Fend, UNAVCO, 2014)
Blick auf die Schwaneninsel im Jahr 2014. (Foto: Michael Fend, UNAVCO)
Honduras‘ Präsident Rafael Leonardo Callejas erklärte die Inseln 1989 zum Naturschutzgebiet. Damit scheinen die unruhigen Zeiten auf Swan Island – jetzt auf Spanisch: Islas del Cisne – erst einmal vorbei zu sein – abgesehen von Hurrikan Mitch der 1998 genau über die Insel fegte und die letzten noch stehenden Antennenmasten umlegte. Und am 10. Januar 2018 gab es ein Erdbeben von der Stärke 7,6 dessen Epizentrum nur 66 km von der Insel entfernt lag - allerdings ohne einen Tsunami auszulösen oder sonstwie größere Schäden anzurichten.
Militärstützpunkt auf Swan Island 1985. Ein honduranischer Soldat läßt es sich nicht nehmen mit Wendy Cutler abgelichtet zu werden - direkt vor einem alten Antennensockel. (Foto: Edwin und Wendy Cutler)
Herzlich Willkommen auf der Schwaneninsel. Rechts neben dem Schild der Rest eines alten Antennensockels von ca. 1907. Im Hintergrund eine der 2015 neu erbauten Baracken. (Foto: LaPrensa, 2017)
Der Marinestützpunkt erhielt 2015 fünf neue Holzbaracken, außerdem wurden neue Kommunikationssysteme und Sonnenkollektoren installiert. Damit gibt es jetzt sogar Unterkunftsmöglichkeiten für gelegentliche Touristen (G19). Hauptsächlich werden dies Segler sein die allein oder zu zweit auf Segeltörn sind. Als freudige Abwechslung für die (wahrscheinlich immer noch sieben) dort stationierten honduranischen Marineangehörigen ist ihnen ein herzlicher Empfang sicher.
